Produktives ländliches Leben






Produktives ländliches Leben kann Agrarwüsten und aussterbende Dörfer in Zukunftswerkstätten verwandeln.

Auf unseren Äckern wachsen Pflanzen unter hohem Gifteinsatz, während die verdichteten Böden zu Wüsten werden. Was wäre, wenn auf diesen Feldern Gärtner lebten? Eine konkrete Utopie.

Der Trend zur Urbanisierung scheint unaufhaltsam zu sein. Sechs Milliarden Menschen sollen 2050 in den Städten leben, so offizielle Zukunftsprognosen. Warum eigentlich? Die Entvölkerung ländlicher Räume ist eine Sackgasse, da allein eine bäuerliche organische Landwirtschaft nachhaltig ist. Die meisten ländlichen Regionen in Deutschland rechnen mit einem Bevölkerungsrückgang aufgrund des demografischen Wandels und des Mangels an Arbeitsplätzen vor Ort. Allein um dies auszugleichen, könnten Millionen Neusiedler aufs Land ziehen. Wenn sie die Möglichkeit hätten, überschaubare Flächen Land zu erwerben und ökologisch zu bewirtschaften, wäre dies ein Schritt im Sinn der Bodenfruchtbarkeit und der Menschen: Spüren nicht viele einen Kulturwandel hin zu echten Werten wie intensiven Natur­erlebnissen?

Gemeinsam aufs Land zum Leben und Wirtschaften
Menschliche Aktivität hinterlässt immer einen Fußabdruck. Bereits das Gehen schreibt meine Spur in die Erde ein. In der Ökologiebewegung gilt es, die Umwelt zu schützen. Vor wem? Vor dem bösen Menschen. Die Natur ist auf maximale Vielfalt ausgerichtet. In der üblichen Denkwelt gibt es aber nur uns und die Welt um uns herum als etwas Getrenntes – dabei leben wir in und mit der Natur und durch sie. Die Natur lässt sich nicht in einem Biotop bewahren wie in einem angestaubten Museum, in dem die Dielen knarren. Wir sind Natur. Der Mensch ist die ultimative Gärtnerspezies. Wir haben die Kraft, durch fossile Energie und destruktive Chemieanwendung ganze Landstriche zu verwüsten. Wir haben aber auch die Kraft, diese Entwicklung umzukehren und Räume zu gestalten, in denen wir uns global freundlich zu uns selbst als Teil der Natur verhalten, für weitere Jahrtausende.

Ein Schritt hin zur Verwandlung unserer fremdversorgten Mono-Wirtschaftsgesellschaft in eine produktive Polykulturgesellschaft mit Barfußabdruck könnte der Aufbau von Gartenring-Nachbarschaften um die Städte sein. Der Begriff »Gartenring« ist unser Vorschlag für produktive Siedlungen außerhalb der Speckgürtel. Ein Gartenring praktiziert Gemüse-Selbstversorgung, indem er auf kleinen Flächen mit direkt »gefütterten« Böden (siehe umseitiger Kasten »Humus«) enorme Erträge ermöglicht, und er produziert über den eigenen Bedarf hinaus für die Menschen in der Stadt. Das Wissen, wie man viele Dinge selbst herstellen kann, ermöglicht handwerkliche Produktionsstätten in den Gartenringen.

Schon heute können wir uns mit solidarischer Landwirtschaft – kurz CSA für »Community Supported Agriculture« – in der Stadt wie auf dem Land den üblichen Mechanismen der Konsumkultur entziehen. Beim absehbaren Scheitern der Globalisierung werden viele sich schon längst relokalisiert haben. Und sie werden jenseits der elek­tromagnetisch aufgedrehten Stadt die Langsamkeit wiederentdeckt haben. In Gartenringdörfern können Menschen mit Kopf und Hand in Verbundenheit mit ihrem Selbst und dem Ganzen tätig sein. Vielleicht begnügen sie sich mit einem kraftvollen halben Arbeitstag im Permakultur-Garten oder in der Werkstatt. Statt einen Knopf im Ohr zu tragen, halten sie wieder Musikinstrumente in der Hand.

Der Anspruch, beim Schritt aufs Land eine »Gemeinschaft« zu bilden, erscheint als sehr ambitioniert. Um zu einer breiten Wiederbesiedelung ländlicher Räume zu kommen, sollte es sozial einfache Modelle geben: Nachbarschaft mit interessanten Menschen, die über die Kommunalpolitik Entscheidungen zu den Belangen ihres Dorfs fällen, ganz nach dem Motto des Permakultur-Begründers Bill Mollison: »Du hast ein Problem? Dann finde die Lösung!« In ländlichen Nachbarschaften, die ihre eigene Wirtschaft betreiben, sind neben sozialer Kompetenz das Anpacken und Lernenwollen gefragt. Unbeschwerte Land-Idylle, vom Sofa in der Stadt aus erträumt, ist etwas anderes.

Günstig und produktiv wohnen

Professor Hartmut Rosa aus Jena beschrieb im April 2012 in der Zeitschrift »Le Monde Diplomatique« treffend das, was er das »Idio­tenspiel der Machtwirtschaft« nennt: »Die Sieger sind gar keine Sieger. Es sind armselige, raffgierige, orientierungslose Süchtige, die ein unabschließbares Steigerungsspiel betreiben: Wachstum, Reichtum, Beschleunigung, Innovationsverdichtung.« Das ist sicherlich zu pauschal gesagt, doch in der Tat will das, was Reichtum ausmacht, heute neu definiert werden. Ein guter Einstieg zum Ausstieg aus der unfreiwilligen Teilnahme am Idiotenspiel ist, die Euro-Ausgaben gering zu halten – fließt doch Geld heute überwiegend zu parasitären Konzernen. Zusätzlich können wir mit eigener organischer Lebensmittelproduktion, die hohe Erträge auf kleinem Raum bringt, uns selbst und andere versorgen – über Märkte, Food-Coops oder das CSA-Modell auch Menschen in der Stadt.

http://www.oya-online.de/article/read/872-barfusshaeuschen_im_gartenringdorf.html

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