Geplünderte Demokratie – Die Geschäfte des politischen Kartells






Polit-Profis sind Experten für organisierten Leerlauf

In seinem Buch „Geplünderte Demokratie“ rechnet Thomas Rietzschel mit der deutschen Politikerkaste ab. Schwindler und Wortbrüchige, Versager und Aufschneider hätten die Politik zu ihrer Sache gemacht.

In dem Film „Network“ von Sidney Lumet aus dem Jahre 1976 spielt Peter Finch den TV-Moderator Howard Beale, der eines Tages in einem Anfall aus Verzweiflung und Wahrhaftigkeit seine Zuschauer auffordert, sich zu erheben, die Fenster zu öffnen und in die Nacht zu rufen: „I am as mad as hell, and I am not going to take this anymore“ – „Ich bin es leid, ich kann das alles nicht mehr ertragen!“ Und tatsächlich: Überall im Land gehen die Fenster auf und Abertausende von Menschen schreien: „Ich bin es leid, ich kann das alles nicht mehr ertragen!“

Seit ich diesen Film gesehen habe, warte ich darauf, dass so etwas tatsächlich passiert. Dass ein Moderator – Theo Koll oder Jörg Schönenborn – beziehungsweise eine Moderatorin – Caren Miosga oder Marietta Slomka – plötzlich innehält, einen Moment schweigt und dann sagt: „Ich halt das nicht mehr aus. Ich höre auf. Machen Sie es mir nach und schalten Sie ab. Genug ist genug.“

Wenn Sie das neue Buch von Thomas Rietzschel – „Geplünderte Demokratie – Die Geschäfte des politischen Kartells“ gelesen haben, werden Sie verstehen, warum so etwas nie passieren wird. Die Politiker und die Mitarbeiter der Massenmedien bilden eine Interessengemeinschaft. Sie sind einander verbunden, mehr noch, aufeinander angewiesen.

Das ist starker Tobak, durch das offene Fenster einer Wohnküche in die finstere Nacht geschrien; aber es ist weder eine Erfindung noch eine Übertreibung. Alles, was Rietzschel behauptet, das belegt er auch. Und die Belege liegen buchstäblich auf der Straße, er macht sich nur die Mühe, sie aufzuheben.

Der Kern des Problems lässt sich in einem Satz zusammenfassen: „Die politische Klasse hat sich zur Kaste gewandelt“, die über die Köpfe der Bürger hinweg agiert und regiert. Wenn ein Mann wie Joschka Fischer davor warnt, wegen des Euro eine Volksabstimmung durchzuführen, weil so etwas „schief gehen“ könnte, dann bedeutet dies, „dass das Volk politisch unmündig ist“ – angewiesen auf Fischer & Co., „eine politische Elite, die sich durch nichts mehr auszeichnet als durch ihre gefühlte Berufung“.

Diese Männer und Frauen, schreibt Rietzschel mit der Gnadenlosigkeit eines Anatoms, sind „aus dem bürgerlichen Erwerbsleben ausgestiegen, noch bevor sie sich darin einrichten konnten oder wollten“, alles, was sie je gelernt haben, ist, „wie man in der Partei vorankommt, wie man Flügelkämpfe übersteht, einander absägt und lange Reden hält, ohne ein Wort zu sagen, auf das sich das Volk nachher berufen könnte“. Es sind Experten für den „organisierten Leerlauf“. Und man ahnt, wozu sie imstande wären, wenn sie nur die Möglichkeit dazu bekämen: „Zur totalen Entmündigung des Bürgers.“

Freilich, bei der „Inszenierung der höfischen Demokratie“ kommt es auf solche Petitessen nicht an. Der Schein schafft das Bewusstsein. Und „die Darsteller sind professionelle Dilettanten, die überzeugen, indem sie selbst glauben, sein zu können, was sie sein wollen“. Wir erleben „den Übergang von der repräsentativen Demokratie zu einer Demokratie der Repräsentanten“, deren Mitteilungsdrang vor allem der eigenen Person gilt.

Das Buch ist keine einfache Lektüre. Die Beschäftigung mit Zumutungen wird mitunter selbst zur Zumutung. Man möchte es manchmal gar nicht so genau wissen, wie sehr die Politiker das Volk verachten, in dessen Namen sie sich spreizen, während die Bürger „ein Schmierentheater geboten (bekommen), das den Eintritt nicht wert ist, den sie dafür berappen müssen“. Aber es lohnt sich. Der Erkenntnisgewinn liegt über der Ekelschwelle.

https://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article126863984/Polit-Profis-sind-Experten-fuer-organisierten-Leerlauf.html

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